Zurück ins Büro oder weiter Homeoffice? Oder vielleicht doch beides?

Lange Zeit bekamen Unternehmen in Deutschland die Telearbeit als Pflicht auferlegt. Nun ist diese Pflicht aufgehoben. Wie gehen Unternehmen damit um?

Wir im Tatenwerk haben eine kleine Umfrage bei unseren Projektmitarbeiter:innen durchgeführt. Viele davon haben von zuhause aus gearbeitet, teilweise Vollzeit, teilweise hybrid. Das Ergebnis war erstaunlich: Die Kollegen:innen, die Vollzeit zuhause gearbeitet hatten, sehnten sich nach dem Arbeiten im Büro. Die Kollegen:innen, die keine oder kaum Möglichkeiten zum Homeoffice hatten, würden gerne mehr von zuhause aus arbeiten. Am Zufriedensten waren jene, die teils zuhause, teils im Büro gearbeitet hatten: Sie wünschten sich, dass es weiterhin so bleibt. Was auch auffiel: Bei der Frage nach der optimalen Mischung von Büro und Telearbeit ergab sich kein einheitliches Bild. Manche gaben an, 1-2 Tage pro Woche zuhause bleiben zu wollen, für andere waren 1-2 Tage im Monat bereits genug.

Positive Erfahrungen aus dem Homeoffice

Mehr Möglichkeiten, um persönliche Dinge zu erledigen und mehr Flexibilität
Schnell zur Post um die Ecke gehen, um einen Brief aufzugeben oder in einer freien Minute den Balkon umgestalten: Zuhause gibt es einfach mehr Möglichkeiten, Privates mit Beruflichem zu vereinbaren. Pausen zwischen Meetings können effizienter genutzt werden, sofern alles erledigt wird. Momente, in denen der Kopf zu platzen scheint, können mit Tätigkeiten im Haushalt einfach und produktiv überbrückt werden.

Allerdings lauert hier auch ein Risiko. So manche:r fühlt sich nämlich durch die erhöhte Flexibilität verführt, mehr Privates vor beruflichen Verpflichtungen zu erledigen. Die private To-Do-Liste steht nämlich oft im Weg: Noch schnell Staub saugen, die Kinder in die Schule bringen, einkaufen gehen, Blumen gießen, kochen, etc. Die Ablenkungen sind zahlreich und vielfältig. Dadurch werden Tätigkeiten, die im Büro sofort erledigt werden würden, möglicherweise aufgeschoben.

Fahrzeiten und Kosten fallen weg
Vor allem Pendler:innen, die einen langen Weg ins Büro haben, freuten sich über die Arbeit zuhause. Das mag zwar banal klingen, aber wer jeden Tag länger als 30min pendelt, wird zustimmen: Es gibt nichts Angenehmeres, als in der Früh aufzustehen und direkt von zuhause aus zu arbeiten. Keine Staus, kein lästiger Verkehr, keine Öffis, die andauernd zu spät kommen und zu lange brauchen: Insgesamt spart man sich dadurch eine Menge Nerven.

Negative Erfahrungen aus dem Homeoffice

Soziale Vereinsamung und fehlende Teamdynamik
Online-Kommunikationsdienste wie Teams, Skype und Co. Sind gut geeignet für den fachlichen Austausch, den sozialen Kontakt ersetzen sie aber nur begrenzt. Vor allem Menschen, die alleine wohnten und durch die Ausgangsbeschränkungen auch nur wenig außer Haus kamen, vereinsamten während der Pandemie. In dieser Zeit haben viele deutlich gemerkt: Auch wenn man nicht viel mit seinen Arbeitskollegen:innen im Büro zu tun hat und nur zusammen zu Mittag isst, macht dies dennoch einen wichtigen Teil des Soziallebens aus.

In Unternehmen, in denen im Team gearbeitet wurde, ist durch die Telearbeit etwas Teamdynamik verloren gegangen. Besonders bei Vertriebsorganisationen war dies der Fall. Selbst die modernste Technik kann diese Teamdynamik nur begrenzt ersetzen.

Selbstdisziplin ist wichtiger denn je
So manche:r blüht im Homeoffice auf. Immerhin ist es zuhause einfacher, aufzustehen und mit dem Hund eine schnelle Gassirunde zu drehen oder zwischen zwei Meetings für 20 min joggen zu gehen. Viele nutzen die Arbeit zuhause, um selbst zu kochen und sich gesünder zu ernähren. Kein Wunder: In einem Büro gibt es nur selten die Möglichkeiten, aufwendig zu kochen oder frische Zutaten zu verwenden. Oft greift man da auf die Dönerbude um’s Eck oder auf Mikrowellen-Fertigprodukte zurück. Allerdings ist es zuhause auch einfacher, den ganzen Tag im Bett zu verbringen und schon um zehn Uhr vormittags Chips in sich hineinzustopfen – alles nur eine Frage der Selbstdisziplin. Das Problem daran ist, dass nicht jede:r mit dieser Freiheit klarkommt. Manche Menschen brauchen einfach mehr Struktur und fühlen sich im Büro wohler. Andere arbeiten effizienter, wenn sie sich ihre Arbeit frei einteilen können und nicht an Bürozeiten und -bedingungen gebunden sind.

Challenge auch für Führungskräfte
Nicht nur Arbeitnehmer:innen waren mit Herausforderungen konfrontiert. Auch Führungskräfte mussten beweisen, dass sie flexibel genug sind, um Mitarbeitende zu managen. Der Faktor Vertrauen spielte hierbei eine große Rolle. Wie kann man kontrollieren, ob jemand zuhause tatsächlich arbeitet oder nur Däumchen dreht? Im Großen und Ganzen sollte aber eines klar sein: Solange die Arbeit gewissenhaft erledigt wird, spielt es keine Rolle, ob man nebenbei Radio hört oder zwischendurch mal Geschirr wäscht.

Vergleich mit Skandinavien
In Skandinavien ist das Arbeiten zuhause fast schon Standard. Vor allem junge Frauen in Schweden arbeiten hierzulande gerne von zuhause aus, denn mit Kindern bringt die Telearbeit noch mehr Vorteile. Jungen Müttern fällt es so leichter, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen. Experten:innen warnen jedoch davor, dass traditionelle Geschlechterrollen noch weiter verankert werden, wenn nur die Frauen von zuhause aus arbeiten.

Auch jetzt, nach zwei Jahren Pandemie planen viele Schweden:innen, zuhause zu bleiben. Dennoch fehlt der soziale Faktor: In Schweden sind nämlich die sogenannten „Fikas“, also Kaffeepausen fest in der Kultur verankert. Hierfür müssen neue, digitale Lösungen gefunden werden – ähnlich wie in Deutschland. Zukünftig könnten Büroräume auch mehr als Treffpunkte für den sozialen Austausch statt als Arbeitsplätze gesehen werden.

Folgen für Gewerbeimmobilien

Wenn die Arbeit von zuhause aus weiterhin auf dem Vormarsch bleibt, werden zukünftig deutlich weniger Büroflächen benötigt. Die Folgen für Gewerbeimmobilien: Sie können oder müssen zwangsläufig für andere Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Einerseits bedeutet das zwar, dass keine oder weniger Miete für das Unternehmen anfällt. Andererseits muss man umdenken und gegebenenfalls auch umbauen – Wofür können Büros noch genutzt werden?

Einen interessanten Ansatz gab es beispielsweise in der Hotellerie: Leer stehende Zimmer wurden kurzerhand an obdachlose oder flüchtende Menschen vergeben. Allerdings eignet sich diese Lösung nicht für jede Branche: Es braucht einen flächendeckenden Ansatz, leer stehende Büros sinnvoll zu nutzen.

Ist Homeoffice gerecht?
Sind Berufe, bei denen man nicht zuhause blieben kann, benachteiligt? Kann es einen Ausgleich für Frisör:innen, Krankenpfleger:innen, Fleischereifachverkäufer:innen oder Busfahrer:inen geben? Das Problem ist, dass sich eben nicht jeder Job dafür eignet. Vor allem Jobs, bei denen man direkten Kontakt zu anderen Menschen hat, sind benachteiligt.

In Zukunft wird es aber wohl so sein, dass die Telearbeit als Eigenschaft einer Stelle zunehmend akzeptiert wird, ähnlich wie die Arbeitszeiten oder besondere Zuschläge. Im Grunde genommen hat doch jeder Job Vor- und Nachteile. Als Krankenpfleger:in im Nachtdienst bekommt man Nachtzuschläge, die es in einem herkömmlichen Bürojob nie geben wird. Dafür kann man in so einem Job während einer Pandemie zuhause bleiben, um sich und andere zu schützen – so gesehen ist also zuhause bleiben gerecht.

Wie kann man Homeoffice mit dem Büro kombinieren?
Die Frage, die sich stellt, ist: Wie können Unternehmen nun weiter vorgehen? Verbleibt man zuhause oder „zwingt“ man seine Mitarbeiter:innen zurück ins Büro? Die beste Methode ist wahrscheinlich, die Entscheidung den Arbeitnehmer:innen selbst zu überlassen – natürlich nur, wenn die Arbeitsbedingungen es zulassen. Beispielsweise könnte man jedem:r ein Repertoire an zehn Homeoffice-Tagen pro Monat zuschreiben. Dadurch könnte man immerhin die Hälfte der Zeit von zuhause aus arbeiten, wenn man will. Ob diese Tage dann tatsächlich genutzt würden, wäre den Arbeitskräften selbst überlassen.

Tatsache ist nämlich, dass jede Person andere Bedürfnisse hat – auch beim Arbeiten. So kommt es, dann eine:r es als Ablenkung empfindet, wenn im Büro mehrere Menschen gleichzeitig telefonieren und ein:e andere:r es wiederum unerträglich findet, alleine zuhause vor dem PC zu sitzen. Jede und jeder Einzelne sollte deswegen die Möglichkeit haben, selbst das Arbeitsmodell zu wählen, mit dem er oder sie am Produktivsten ist.
Was auch bedacht werden muss: Nicht jede:r hat hier dieselben Voraussetzungen. Studenten:innen, die alleine wohnen und es gewohnt sind, zuhause zu arbeiten, haben es unter Umständen leichter, sich dem Homeoffice anzupassen. Im Gegensatz dazu kann es für größere Familien ein enormes Hindernis sein, von zuhause aus zu arbeiten, wenn sich gleichzeitig auch andere im Haus aufhalten.

Lass uns miteinander reden.

Das Tatenwerk freut sich auf den Kontakt.


Zurück zur Übersicht